Der graue Panter
"Erst mußßich noch ..." - pflegt er zu sagen
Ein wenig hektisch, leicht gestresst
Er sieht noch tausend offne Fragen
Und beißt sich gleich an jeder fest
Zu wenig Zeit, zu wenig Jahre
Es ist verflixt zu kurz, dies Leben
Er hofft, man wird ihm auf der Bahre
Noch reichlich mit zu lesen geben
Die Quanten würd er gern verstehen
Und auch, wie die Neuronen feuern
Wenn ganze Staaten pleite gehen -
Wie könnte man da gegensteuern?
Solch riesengroße Wissenslücken
Die möchte er so gerne schließen
Vielleicht sogar die Schulbank drücken
Wenn sie ihn nur noch einmal ließen
Manch Uni hält auch für Senioren
Noch hier und da ein Plätzchen frei
Ist ihm das wirklich angeboren?
Er ackert, lernt und strebt für drei
Die Greise mit den langen Bärten
Die haben es ihm angetan
Die Weisen und die Schriftgelehrten
Bevölkern seinen Stundenplan
Ob Platon oder Schopenhauer
Ob Sartre oder Wittgenstein
Kann irgendetwas auf die Dauer
Tatsächlich intressanter sein?
Nun hat er neben dem Abstrakten
Intresse auch an Polletick
Und so - ob Mythen oder Fakten -
Auch das "Konkrete" stets im Blick
Am liebsten schreibt er Kommentare
Wobei er das ND1 nicht schont
Und wird auch - alle Jubeljahre -
Mit einer Diskussion belohnt
Er will nicht eins der Lämmer sein
Die angesichts der Lügen schweigen2
Drum müht er sich tagaus, tagein
Der Medien Fehler aufzuzeigen
Nur muss man wohl bei diesen Mengen
Um all den Schwindel aufzudecken
Den Ruhestand am Nagel hängen
Und jede Menge Quellen checken
Wie lange wird er das noch können?
Das kostet Nerven, Zeit und Kraft
Er sollt sich mal ein Päuschen gönnen
Wenn er ja eh nicht alles schafft ...
"Erst mußßich noch!" pflegt er zu sagen
Und fängt schon wieder am rotieren
Er muss!
Das lässt sich nicht vertagen
Zwei Kommentare formulieren3
01/17
_____
1 ND = "Neues Deutschland, Sozialistische Tageszeitung"
2 Prof. Rainer Mausfeld: "Warum schweigen die Lämmer?" Techniken des Meinungs- und
Empörungsmanagements
https://www.youtube.com/watch?v=Rx5SZrOsb6M (Vortrag)
3 Fünfhundert sind es an der Zahl
Da sagt sich mancher wohl: Das reicht!
Heut schreib ich noch ein letztes Mal
Und morgen hör ich auf - vielleicht ...
10/06
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Walter (Freitag, 07 Oktober 2016 13:48)
Moin Tünn,
Du zählst Mythen zum "Konkreten"?
Tünn (Freitag, 07 Oktober 2016 14:17)
Moin Walter,
danke für die Anmerkung.
Natürlich hast Du recht: Mythen sind nicht konkret im Wortsinne, nicht gegenständlich, nicht wahrnehmbar, faßbar, ...
Ich verstehe Mythos hier im Sinne einer falschen Vorstellung oder Lüge. Albrecht Müller hat ein Buch geschrieben: "Die Reformlüge" mit einem Kapitel "Denkfehler, Mythen und Legenden". Einen von mehreren Mythen nennt er z.B. "Die Globalisierung ist ein neues Phänomen".
Wenn ich solche Dinge als zum "Konkreten" gehörig bezeichne, dann in Abgrenzung zu den philosophischen Themen, mit denen unser grauer Panter sich befaßt - z.B.: Wollen wir Dinge und Eigenschaften als grundlegende Kategorien des Seienden annehmen?
Also: Im Verhältnis zum Philosophischen kann man das Politische als (relativ) "konkret" auffassen. Relativ, mit gutem Willen und viel Verständnis für den um einen Reim ringenden Poeten ... Danke für dieses Verständnis!