Der Skeptiker

 

Wie willst du wissen, was du weißt

Wenn keiner weiß, was Wissen ist

Und immer Raum für Zweifel bleibt

Selbst wenn du dir ganz sicher bist

 

Da streiten Theorien verbissen

Nicht einer fehlen Argumente

Doch jeder fehlt das letzte Wissen

Das diesen Streit entscheiden könnte

 

Denn scheinbar braucht wohl wahres Wissen

Begründung auch für die Prämissen

Und diese Kette – streng genommen

Kann nie zu einem Ende kommen:

 

     Begründe ich Prämisse P

     So muss ich auch den Grund begründen

     Dies aber scheint – wie ich es seh

     Rein logisch im1 Regress zu münden

 

     Nur - der ist leider infinit

     Will sagen: ohne jedes Ende

     Es wäre der wohl ein Genie

     Der hierfür eine Lösung fände

 

Bis dahin kann (welch herber Schlag!)

- Und ich beklag dies nicht allein -

So sehr man es bedauern mag

Von Wissen keine Rede sein

 

Nun ist euch selbstverständlich klar

Dass ich das gar nicht wissen kann

Fast würd ich sagen: Das ist wahr

Doch etwas hindert mich daran:

 

     Ich glaub als alter Skeptizist

     Dass keiner weiß, was Wahrheit ist ...

 

__________

1 Das klingt vielleicht ein wenig schief

   Hier braucht man den Akkusativ

   Doch möcht ich jedenfalls mitnichten

   Auf solch ein' schönen Reim verzichten

 

   Mit Hilfe dieses kleinen Tricks

   - Für Germanisten unerhört -

   Erreiche ich, daß quasi nix

   Das Versmaß und den Rhythmus stört

01/2015

 

 


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Kommentare: 2
  • #1

    Richie (Mittwoch, 01 Juni 2016)

    Hallo Tünn,
    da Gedichte immer eine Denkleistung sind: Diese hier, hat mich sehr beeindruckt!
    LG, R.

  • #2

    Gus (Mittwoch, 01 Juni 2016 17:22)

    Hallo Tünn,
    da kann ich Richard nur zustimmen. Alle Achtung!

    Liebe Grüße Gus