Der Wohlstandschauvinist
Da hockt der Wohlstandschauvinist
Behäbig, satt und saturiert
Daß all sein Reichtum Diebstahl ist
Hat er bis heute nicht kapiert
Sein Hemd: genäht von einem Kind
Das Tag und Nacht der Hunger quält
Dieweyl er selbst - für sowas blind -
Genüßlich seine Euros zählt
Er lebt schon lange von Hartz IV
Ist für den Arbeitsmarkt zu alt
Man sagt: Die Alten brauchen wir
(Ab 50 unter Vorbehalt!)
So sucht er denn nach einem Job
Beharrlich, eisern, konsequent
Da steht dort plötzlich unverhofft
Ein völlig neuer Konkurrent
Ein junger Fremder, groß und stark
Kam auf der Flucht von sehr weit her
Der macht nun auf dem Arbeitsmarkt
Dem Chauvinist das Leben schwer
Ihr werft dem seine Skepsis vor
Daß er - philisterhaft borniert -
Der einstmals seinen Job verlor
Nun auch sein Mitgefühl verliert
Die Linke - streng und rigoros -
Die redet gar nicht erst mit ihm
Für sie ist (leider ausnahmslos!)
Solch Denken niemals legitim
Was nun die Rechte sagt und schreibt -
Da hört sich manches logisch an
Sie überzieht und übertreibt ...
Doch ist an vielem auch was dran
So denkt er, unser Chauvinist
Wo bitte bleibt das Korrektiv?!
Warum wohl glaubt er solchen Mist?
Er braucht Euch argumentativ!
***
Man braucht die Linke auf den Straßen
Man braucht sie im Gewerkverein
Sie soll der Leuchtturm für die Massen
Der Motor für ein Bündnis sein
Ein Bündnis für die Reichensteuer
Denn ohne die wird's kompliziert
Vermeide, was den Neid befeuert
Dann wird der Flüchtling akzeptiert
11/2015
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Willy I. (Sonntag, 10 Juli 2016 11:13)
Der Wohlstands(!)chauvinist lebt von Hartz 4?
Tünn (Dienstag, 12 Juli 2016 10:34)
Hallo Willy I.,
gut, daß Du nachfragst.
Diese Zeilen waren als Diskussionsbeitrag im Online-Forum des nd („neues Deutschland - Sozialistische Tageszeitung“) gedacht. Ich habe mich einige Monate lang an den Debatten beteiligt. Im Mittelpunkt stand damals die Frage, wie man es mit den Flüchtlingen hält. Die vorherrschende Position bestand darin, daß es ein Menschenrecht auf Bewegungsfreiheit gibt, das nicht nur innerhalb eines Staates, sondern weltweit gelten soll: Jeder Mensch hat das Recht, sich seinen bevorzugten Wohnort auszusuchen und dort mit allen Rechten zu leben. Wer anderer Meinung war oder gar annahm, daß die einheimische Bevölkerung z.B. aufgrund von Beitragszahlungen zur Sozialversicherung besondere Ansprüche habe, galt als Rassist, Rechtsradikaler, Wohlstandschauvinist, ...
Ich stand (und stehe) dieser Einschätzung kritisch gegenüber. Ansätze zu einer inhaltlichen Diskussion wurden oftmals unter Verwendung der vorgenannten Titulierungen abgeblockt. Dazu kam, daß in Artikeln und Forumsbeiträgen auch Leute, die z.B. Pegida nicht prinzipiell ablehnend gegenüberstanden oder gar zu Kundgebungen gingen, pauschal als rassistisch und rechtsradikal bezeichnet wurden. Gespräche mit ihnen wurden im Grunde für überflüssig, ja: schädlich gehalten. Besorgte Bürger gab es nicht, es gab nur „besorgte Bürger“.
Ich meine: Wer gegen rechtsradikale Ideologie etwas tun will, muß dieser i n h a l t l i c h begegnen, muß das Gespräch mit denen suchen, die für solche Losungen und Argumente anfällig sind. Und er sollte bemüht sein, die Gründe dieser Menschen zu verstehen. Meine Verse sollen etwas in dieser Richtung ausdrücken. Durch die Wortwahl (dieweyl, Gewerkverein, Leuchtturm für die Massen, ...) versuche ich dem Ganzen auf der sprachlichen Ebene ein wenig den Ernst zu nehmen, obwohl es sich inhaltlich um eine sehr ernste Angelegenheit handelt, die uns vermutlich noch lange beschäftigen und prägenden Einfluß auf unsere Zukunft nehmen wird.